Was wir machen
Die Professur für Werkstoffprozesstechnik beschäftigt sich vor allem mit keramischen Werkstoffen, die aufgrund ihrer herausragenden physikalischen und mechanischen Eigenschaften in der Mikrotechnik zunehmend an Bedeutung gewinnen. Typische Anwendungsbereiche für moderne technische Keramiken sind u.a. die Elektrotechnik (Kondensatormaterialien, Substrate etc.), Sensorik und Aktorik in der Mikrosystemtechnik (Temperatursensoren, Infrarotsensoren, Ultraschallwandler, Piezoaktoren etc.). Die Arbeiten der Arbeitsgruppe lassen sich in zwei Schwerpunkte aufteilen. Der eine ist die Entwicklung von neuen oder modidfizierten Funktionskeramiken und Keramik-Polymerkompositen. Der andere ist die Adaptierung und Modifikation von bekannten Prozessierungsverfahren für neue Anwendungsfelder in der Mikrosystemtechnik und Elektrotechnik. Die Professur für Werkstoffprozesstechnik pflegt eine enge wissenschaftliche und personelle Verflechtung mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), insbesondere mit dem dortigen Institut für Materialforschung. Weiterhin besteht eine enge Kooperation mit der Techischen Universität Darmstadt, Fachbreich Mikrowellentechnik (MWT) und dem Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik (IWE) des KIT. Dadurch ergeben sich durch fachlichen Austausch und die Nutzung dort vorhandener Resourcen und Einrichtungen wertvolle Synergieeffekte.
Steuerbare dielektrische Keramikschichten
Bruch eines koplanarem Wellenleiter aus Gold auf einer BST-Dickschicht mit Aluminiumoxidsubstrat.
Oxidische Keramiken des Perowskit-Typs zeigen vielfältige technisch nutzbare Eigenschaften. Die Professur für Werkstoffprozesstechnik arbeitet zusammen mit dem Fachbereich Mikrowellentechnik der TU Darmstadt an neuartigen, elektrisch steuerbaren Bauteilen, die auf keramischen Funktionsschichten basieren. Das potentielle Hauptanwendungsgebiet ist die mobile Datenkommunikation und Sensorik bei Frequenzen im Gigahertz-Bereich. Zur Herstellung der Schichten kommen suspensionbasierte Verfahren, wie der Siebdruck und die Elektrophorese, als auch lösungsmittelbasierte, chemische Verfahren, sogenannte "chemical-solution"-Verfahren (CSD), wie der Tintenstrahldruck (ink-jet, drop-on-demand) und spin-coating zum Einsatz. Verschiedenartig dotierte Pulver und Sole werden dazu über eigens entwickelte Syntheseverfahren synthetisiert. So lassen sich z.B. frequenzagile Hochfrequenzbauteile herstellen, die zum Beispiel in steuerbaren Anpassnetzwerken eingesetzt werden können. Siehe auch Projekt: Verlustmechanismen in steuerbaren Mikrowellendielektrika.
Synthese von oxidischen Keramikpulvern
Hochporöse Precursor-Granulate aus BST-Xerogel, gewonnen durch Sprühgefriergranulation und Gefriergetrocknen.
Zur vornehmlichen Herstellung von reinen und verschieden dotierten BaTiO3-, SrTiO3-, Ba/SrTiO3- und Blei-Zirkonat-Titanat- (PZT-) Pulvern stehen das klassische Mischoxidverfahren und auch lösungsmittelabsierte Verfahren, die auch "Sol-Gel"-Verfahren genannt werden, zur Verfügung. Ausgangspunkt sind z.B. Lösungen der Acetate oder Alkoholate der konstituierenden Metalle, die über verschiedene Trocknungsverfahren in granulierte Xerogele, die keramischen Vorläufersubstanzen (Precursor), überführt werden. Zur Verfügung stehen das Sprühtrocknen und Sprühgefriergranulation mit anschließender Gefriertrocknung. Die Precursoren werden anschließend zu den Oxiden pyrolysiert. Derartig hergestellte Pulver lassen sich mit wenig Aufwand deagglomerieren und für die weitere Prozessierung konditionieren.
Keramische Schichten aus Suspensionen
Schliffbild einer per EPD abgeschiedenen BST-Dickschicht auf Pt-Aluminiumoxid.
Suspensionsbasierte Prozesse erlauben die Herstellung keramischer Schichten und Formkörper aus Pulvern. Der Vorteil suspensionsbasierter Verfahren besteht darin, dass sehr feinskalige Pulver zunächst mechanisch deagglomeriert (Kugelmühle, Ultraschall) und anschließend direkt weiterverarbeitet werden können. Den Suspensionen werden Additive wie Dispergatoren und polymere Binder zugesetzt, um eine Reagglomeration der Partikel in der Suspension zu verhindern und die Stabilität/Haftung der grünen Schicht auf dem Substrat zu verbessern. Anschließend werden aus der Suspension Schichten hergestellt. Zur Anwendung kommen zwei unterschiedliche Verfahren. Zum einen die elektrophoretische Abscheidung, bei der sich die oberflächengeladenen Partikel in einem elektrischen Feld bewegen und auf einer leitfähigen Elektrode koagulieren. Zum anderen das Ink-Jet-Drucken (Tintenstrahldruck). Dabei werden Suspensionströpfchen durch eine piezoaktuierte Düse ausgeworfen und auf einem Substrat platziert. Die grünen Schichten werden anschließend zu einer festen keramischen Schicht gesintert. Siehe hierzu auch Projekt: Strukturierte ferroelektrische Dünnschichten für steuerbare Hochfrequenzkomponenten durch elektrophoretische Abscheidung.
Keramische Schichten aus metallorganischen Solen
Wahre Lösung (links), Sol mit bereits initiertem Partikelwachstum (Mitte), Sol mit Gelpartikeln im Endstadium des Wachstums (rechts)
Wir stellen keramische Schichten (vornehmlich oxidische Perovskite) über Sol-Gel-Verfahren her. Hierfür werden nanoskalige Kolloide verwendet, die sich ausbilden, indem die einzelnen metallorganischen Komponenten der erwünschten Keramik in einem Medium gelöst werden und geeignete Herstellungsbedingungen gewählt werden. Je nach Zusammensetzung und Behandlung lassen sich die Lösungen chemisch stabilisieren oder ein gezieltes Partikelwachstum induzieren. Derartige Lösungen und Sole können per Tintenstrahldruck oder elektrophoretischer Abscheidung auf Substrate aufgebracht werden. Die Umwandlung in die (oxidische) Keramik erfolgt durch eine Behandlung bei erhöhten Temperaturen unter geeigneter Atmosphäre.
Komposite - Keramik wirkt Wunder
Eine Vielzahl von Kunststoffeigenschaften kann durch Keramikpulverzugabe verbessert werden. Kunststoffharze mit oder ohne Keramikpulver lassen sich unter Licht- und Wärmeeinfluss aushärten, so dass über ein Reaktionsgießverfahren mikrostrukturierte Prototypen mit z.B. verbesserten thermomechanischen und optischen Eigenschaften hergestellt werden können.
Lithographie - Arbeiten mit Licht
Siliziumhaltige Polymere lassen sich nach einer thermisch oder photochemisch initiierten Quervernetzung durch anschließende Pyrolyse (Verbrennung) in siliziumhaltige Keramiken umwandeln. Die Ausgangspolymere können wie bei der Herstellung von elektronischen Bauteilen mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge (vom Sichtbaren bis hin zum Röntgenlicht) mikrostrukturiert werden. So entstanden direkt und ohne Abformzwischenschritt mikrostrukturierte Keramikkomponenten mit Details im µm-Bereich oder kleiner. Neben einem Standardmaskaligner für die UV-Lithographie am IMTEK kamen dabei auch die neue Synchrotronquelle ANKA am Forschungszentrum Karlsruhe für die Röntgentiefenlithographie zum Einsatz.